Theorie:

Exponentielles Wachstum
Ist der Zuwachs pro Zeitschritt nicht konstant, sondern proportional zu der Bestandsgröße, so wächst (oder schrumpft) die Größe exponentiell, und es liegt ein exponentielles Modell vor:
Gilt für die Änderung einer diskreten Größe \(y_n\) eine Gleichung der Form
 
\(y_{n+1} - y_n = c\cdot y_n\,\quad n\in\mathbb N\),
 
so liegt ein exponentielles Modell vor. \(c\) ist hierbei eine Konstante größer als \(-1\).
Um die Größe \(y_n\) für alle \(n\in\mathbb N\) bestimmen zu können, benötigt man einen vorgegebenen Wert, meistens den Startwert \(y_0\).
Kennt man den Startwert \(y_0\), so lässt sich \(y_n\) explizit schreiben als
 
\(\displaystyle y_n = y_0\cdot (1+c)^n = y_0\cdot e^{n\cdot \ln (1+c)},\quad n\in\mathbb N\).
 
Hier erkennt man auch gut, wie \(c\) das Verhalten für große \(n\) bestimmt.
  • Ist \(-1<c<0\), so ist \(1+c <1\). Aus der expliziten Darstellung erkennen wir damit, dass \(y_{n+1}<y_n\) ist (sofern \(y_0 > 0\)). Die Folge der \(y_n\) ist somit exponentiell fallend.
  • Ist \(c>0\), so ist \(1+c > 1\), und die Folge der \(y_n\) ist exponentiell wachsend.
Beispiel:
Zinsen sind ein bekanntes Beispiel für ein exponentielles Modell. Wird das Kapital \(K_0\) zu einem Jahreszinssatz von \(2\,\%\) angelegt, und bezeichnen wir mit \(K_n\) das Kapital nach \(n\) Jahren, so ist der Zuwachs vom Jahr \(n\) auf das Jahr \(n+1\) gegeben durch \(K_{n+1} - K_n = \frac{2}{100}\cdot K_n\) (d.h. es kommen jährlich \(2\,\%\) des Kapitals vom Vorjahr dazu - die Zinsen). Explizit können wir das Kapital nach \(n\) Jahren schreiben als
 
\(K_n = K_0 \cdot \big(1+\frac{2}{100}\big)^n\).
 
Beschränktes Wachstum
Unbeschränktes exponentielles Wachstum tritt nun in der Praxis selten auf: Populationen können nicht beliebig groß werden, da die Ressourcen begrenzt sind; Krankheiten können nicht mehr Menschen befallen, als es auf der Welt gibt; usw... Oftmals verlangsamt sich in diesen Fällen das Wachstum, je näher die Größe dem Maximum kommt. Zum Beispiel: Je mehr Menschen bereits die Grippe haben, desto weniger sind noch gesund, und können sich überhaupt noch anstecken. Die Neuansteckungsrate sinkt also. Eine einfache Möglichkeit, so eine Dynamik zu modellieren, ist, eine Wachstumsgrenze \(G\) festzulegen, die von der Größe nicht überschritten werden kann. Dann wird der Zuwachs der Größe pro Zeitschritt proportional zu der Differenz \(G-y_n\) modelliert - also proportional zum noch vorhandenen "Freiraum". Je mehr "Platz" vorhanden ist, desto schneller ist das Wachstum. Nähert sich die Größe der Wachstumsgrenze, verlangsamt sich auch das Wachstum.
Eine Größe \(y_n\) beschreibt ein beschränktes Wachstum, wenn
 
\(y_{n+1}-y_n = k\cdot (G-y_n),\quad n\in\mathbb N\).
 
Dabei ist \(G\) die Wachstumsgrenze, und \(k\in\mathbb R\) eine Proportionalitätskonstante.
Auch hier lässt sich \(y_n\) schließlich explizit ausdrücken:
Erfüllt eine Größe \(y_{n+1}-y_n = k\cdot (G-y_n),\quad n\in\mathbb N\), dann gilt für alle \(n\in\mathbb N\)
 
\(\displaystyle y_n = G - (G-y_0)\cdot(1-k)^n\). 
 
\(y_0\) ist der Startwert.
Wachstum mit Störung
Eine ähnliche Dynamik tritt bei exponentiellem Wachstum mit Störung auf. Dieses modelliert Vorgänge wie diesen: Pro Zeitschritt wächst eine Größe proportional zur im vorigen Zeitschritt vorhandenen Größe (d.h. im Grunde exponentiell), jedoch wird pro Zeitschritt auch noch eine Konstante subtrahiert (oder addiert).
Sei \(k\) eine Proportionalitätskonstante, und \(e\) eine konstante Störung. Die Dynamik von Wachstum mit Störung wird beschrieben durch:
 
\( y_{n+1} - y_n = k\cdot y_n - e\)
Beispiel:
Die Rückzahlung eines Kredits illustriert diese Dynamik: Der noch nicht zurückgezahlte Teil des Kredits wird verzinst (exponentielles Wachstum, proportional zum noch ausständigen Betrag), doch man zahlt regelmäßig einen festen Betrag zurück, und wirkt so dem Wachstum entgegen (ansonsten kann man seine Schulden nicht mehr abbezahlen). \(k\) entspricht dem Kredit-Zinssatz, und \(e\) dem regelmäßig zurückbezahlten Betrag.
Schreiben wir die Modellgleichung um zu \(y_{n+1}- y_n = k\cdot (y_n - \frac ek)\), so erkennen wir, dass sie die gleiche Form hat wie die des beschränkten Wachstums. Wir können also die von dort bekannte explizite Formel verwenden, um auf diese zu kommen:
 
\(\displaystyle y_n = \Big(y_0 -\frac ek\Big)\cdot (1+k)^n+\frac ek\).
 
Beispiel:
\(\frac ek\) ist übrigens der Betrag, den man maximal ausborgen dürfte, um den Kredit noch zurückzahlen zu können. Nimmt man einen größeren Kredit auf, so übersteigen die Zinsen den Betrag \(e\), den man regelmäßig zurückzahlt, und die Schulden werden immer größer.