Theorie:

Die Struktur der DNS: Chromosomen und Chromatin
Die Chromosomen sind dicht gepackte DNS-Pakete, die vor jeder Zellteilung gebildet werden. Diese kompakte Form (Heterochromatin, kondensierte DNA) ist nötig, damit sich bei der Kernteilung die DNS-Stränge nicht verwickeln. Wenn gerade keine Zellteilung durchgeführt wird (= Interphase des Zellzyklus), liegt die DNS in Form von offenen Chromatinfäden (Euchromatin) vor.
 
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   1. DNS-Doppelhelix
   2. Chromatinstrang (DNS mit Histonen)
   3. Chromatin während der Interphase mit Centromer
   4. Chromatin; nach der Replikation; noch vor der Zellteilung (nun aus zwei Chromatiden bestehend, weil sich die DNS in der S-Phase (während der Interphase) des Zellzyklus verdoppelt hat)
   5. Zellteilungs-Chromosom (bestehend aus zwei Chromatiden = 2-Chromatid-Chromosom)
 
Wichtig!
Die DNS liegt in Form einer Doppelhelix vor, die um sogenannte Histone gewickelt ist. Sie dreht sich dann weiter in eine Chromatin-Faser zusammen. In dieser Form kommt sie normalerweise im Zellkern vor. Nur während der Zellteilung werden die Chromatinfasern zu Bündeln verdichtet, die Chromosomen genannt werden. Der Mensch hat \(23\) Chromosomenpaare.
Chromosomenaufbau
Bei jedem Organismus ist die DNS in eine Anzahl von DNS-Stücken zerlegt. Der Mensch hat \(23\) DNS-Stücke in je zweifacher Ausführung (je eine von Vater und Mutter). Vor und während der Zellteilung liegen daher im Kern \(46\) Chromosomen vor.
 
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Chromosomenaufbau mit eingezeichneten Chromatiden und Teilungsrichtung
 
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Chromosomen vor und nach der Kernteilung der Mitose
 
Wichtig!
Ein Chromosom besteht aus ein oder zwei Chromatiden, einem Mittelstück (Zentromer), Endstücken (Telomer) und kurzen und langen Chromosomenarmen.
Chromosomentheorie der Vererbung
Die Chromosomen sind die molekulare Grundlage für die Vererbung von Merkmalen. Das Wissen um die molekularen Grundlagen der Vererbung hatte Gregor Mendel nicht, als er die Vererbungsregeln formulierte. Das Wissen um die Vererbung von Chromosomen hilft allerdings, die Vererbungsregeln von Mendel (und deren Ausnahmen) besser zu verstehen.
  • Die Chromosomen werden als selbständige Einheiten an die nächste Generation weitergegeben.
  • Jedes Chromosom kommt in jeder Körperzelle paarweise vor. Je ein Chromosom kommt vom Vater und eines von der Mutter  (= homologe Chromosomenpaare). Man spricht in der Gesamtheit von einem doppelten Chromosomensatz (diploid) - beim Menschen sind das \(23\) Chromosomenpaare \(=\) \(46\) Chromosomen.
  • Ein Chromosom besteht vor einer Zellteilung (Mitose oder Meiose) aus zwei identischen Chromatiden (= \(1\)-Chromatid-Chromosomen). Je eine Chromatide wird an die beiden Tochterzellen weitergegeben.
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Chromatiden-Paar links vor Zellteilung und rechts nach Zellteilung
  • Bei einer Meiose (Reduktionsteilung) wird der Chromosomensatz halbiert und die Chromatiden-Paare väterlicherseits und mütterlicherseits werden "zufällig" bzw. nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit auf die entstehenden Keimzellen (= Gameten: Spermienzellen & Eizellen) verteilt. Der Chromosomensatz ist nur mehr einfach (haploid).
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Meiose mit einem Chromosomenpaar (Chromatiden verdoppeln sich /
Chromatiden-Paare werden zufällig aufgeteilt / Chromatiden-Paar wird halbiert)
 
Die Gesamtheit der DNA eines Organismus wird in einem Karyogramm dargestellt. Dabei handelt es sich stets um Metaphase-Chromosomen (= \(2\)-Chromatid-Chromosomen, bereits verdoppeltes Chromatin), d.h. die Chromosomen befinden sich kurz vor der Zellteilung und liegen daher X-förmig vor. Die Chromosomen werden als homologe Chromosomenpaare angeordnet. Das Karyogramm für das menschliche Genom sieht wie folgt aus:
 
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Karyogramm eines Menschen
 
Wichtig!
Jeder Mensch hat je \(23\) Chromosomen von Vater und Mutter mitbekommen und besitzt somit \(46\) Chromosomen in Form von \(23\) homologen Chromosomenpaaren - in diploiden Körperzellen. Die Keimzellen des Menschen sind haploid und enthalten zufällige Zusammenstellungen von \(23\) dieser väterlichen und mütterlichen Chromosomen.
Vererbung des Geschlechts
Von den \(23\) Chromosomenpaaren des Menschen sind \(22\) Autosomenpaare (vom Geschlecht unabhängig) und \(1\) Heterosomenpaar ("Geschlechtschromosomen"). Die beiden Chromosomen dieses Paars können unterschiedlich aussehen - Eine Form sieht wie ein X aus, die andere wie ein Y.

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X- & Y-Chromosom
 
Männer haben als 23tes Chromosomenpaar XY.
Frauen haben an dieser Stelle XX.
 
Daraus ergibt sich, dass das Geschlecht eines Kindes von der Spermiumzelle bestimmt wird. Der Vater vererbt entweder ein X- oder ein Y-Chromosom (die Wahrscheinlichkeit ist \(50:50\)). Die Mutter kann nur ein X-Chromosom vererben. Die Konfiguration des Heterosomenpaares nennt man das genetische Geschlecht. Das Heterosomenpaar nennt man daher auch das Geschlechtschromosomenpaar (= auch Gonosomenpaar).

Ergänzung: Im Tierreich gibt es neben dem XX/XY System zur Geschlechterentwicklung auch noch das X/XX System (z.B. bei Heuschrecken) und das haploid/diploid System (z.B. bei Bienen), bei dem die Männchen haploid und die Weibchen diploid sind.
 
Neben dem genetischen Geschlecht unterscheidet man auch das biologische Geschlecht (je nach Ausbildung der primären Geschlechtsorgane) und das psychologische Geschlecht (zu dem sich das Individuum zugehörig fühlt).
 
Ergänzung: Homosexualität kommt in der Natur häufig vor und dürfte eine wichtige Rolle beim Entstehen von sozialen Systemen spielen, ist jedoch grundsätzlich unabhängig vom biologischen und psychologischen Geschlecht.
 
Als Folge von Mutationen kann es zu Abweichungen des Geschlechtschromosomenpaares kommen:
  • XXY: Klinefelter Syndrom (männlich, kleine Hoden, oft groß gewachsen, weibliche Körperformen, steril)
  • XXX: Diese Frauen unterscheiden sich körperlich nicht von anderen Frauen
  • X0: (nur ein X): Turnersyndrom (weiblich, keine sek. Geschlechtsmerkmale, steril, kleinwüchsig)
Dabei bedingt das Y-Chromosom die Entwicklung der Hoden, während es die Ausbildung der Eierstöcke verhindert.
 
Wichtig!
Das Heterosomenpaar bestimmt beim Menschen das genetische Geschlecht. XX = weiblich / XY ist männlich.
 
Quellen:
Ruso, Bernhart. 2011. BIOLOGIE. Skriptum. Wien: Dr. Roland GmbH, 2011. 3.Auflage
http://www.oekosystem-erde.de/html/dna.html
http://www.anselm.edu/homepage/jpitocch/genbio/sphase.JPG
http://www.scheffel-gymnasium.de/faecher/science/biologie/
genetik/3chromosom/chromosomentheorie.htm
http://www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/13/bs13-14.htm
http://aas.fgdy.de/cms/index.php/home/researchmenu/genomicassemblymeu (18.12.2015)