Theorie:

Autochthone ethnische Minderheiten in Österreich
In Österreich gibt es sechs autochthone - also einheimische - Volksgruppen:
  • die slowenische Volksgruppe
  • die burgenlandkroatische Volksgruppe
  • die tschechische Volksgruppe
  • die slowakische Volksgruppe
  • die Volksgruppe der Roma
  • die ungarische Volksgruppe
Das österreichische Volksgruppengesetz versteht unter Volksgruppen "die in Teilen des Bundesgebietes wohnhaften und beheimateten Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eigenem Volkstum".
 
Als österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben Angehörige verschiedener Volksgruppen dieselben Rechte wie alle anderen Staatsbürger und -bürgerinnen. Darüber hinaus gibt es jedoch einige Bestimmungen, die besondere Regelungen für autochthone Volksgruppen enthalten.
 
Die Minderheiten in Österreich sind teilweise ein Erbe der österreichisch-ungarischen Monarchie, denn damals lebten Angehörige der verschiedensten Völker- und Sprachgruppen in einem Staat zusammen.
 
Die österreichischen Minderheiten fühlen sich teilweise in ihren Rechten eingeschränkt. So ist zum Beispiel der Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages in Bezug auf die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln etwa in den slowenischen Sprachgebieten in Südkärnten nach wie vor nicht erfüllt. 1976 wurden die Rechte der Volksgruppen zusätzlich im österreichischen Volksgruppengesetz festgeschrieben. Zur Interessensvertretung der ethnischen Minderheiten existiert in Österreich auch ein sogenannter Minderheitenbeirat im Bundeskanzleramt.
 
Volksgruppengesetz
 § 2. (1) Durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates sind nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen:
(…)
Die Gebietsteile, in denen wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind.
(…)

Sloweninnen und Slowenen
 
Sie leben v. a. in Südkärnten und teilweise in der Südsteiermark, einem ehemaligen geschlossenen slowenischen Siedlungsgebiet. Am Ende der Völkerwanderung gab es das slawische Staatsgebilde.
 
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Abb. 1: Slowenischsprachige Bevölkerung Kärntens
 
In den 1970er Jahren eskalierte die Lage im so genannten Ortstafelstreit, bei dem die verfassungsgemäßen zweisprachigen Ortstafeln von einem rechtsradikalen Deutschnationalen entfernt wurden, danach entspannte sie sich wieder. In jüngster Zeit eskaliert das Thema wieder: Im Volksgruppengesetz, das im Rang eines Verfassungsgesetzes steht, war  ursprünglich festgeschrieben, dass, sobald eine Minderheit 25 % der Bevölkerung einer Gemeinde ausmacht, dieser bestimmte Rechte zugesprochen werden müssen - darunter auch das Recht auf zweisprachige Ortstafeln. Der damalige Landeshauptmann von Kärnten Jörg Haider wollte der slowenischen Bevölkerung diese Rechte nicht zugestehen. Der Verfassungsgerichtshof hob 2001 Teile des Volksgruppengesetzes auf, weil die 25-Prozent-Quote für die Aufstellung zweisprachiger Tafeln zu hoch sei. Dies führte zu einem Streit zwischen Haider und dem VfGH (damaliger Präsident Adamovic). Das Urteil hätte unverzüglich vollzogen werden sollen. Stattdessen ließ Haider die betroffenen Ortstafeln um einige Meter verrücken, um dann behaupten zu können, das Urteil betreffe andere Ortstafeln.
Kroatinnen und Kroaten
 
Österreichische Kroatinnen und Kroaten leben vermehrt in verschiedenen Gemeinden des Burgenlandes. Diese Menschen sind ursprünglich Flüchtlinge, die während der Türkenkriege aus Kroatien, insbesondere aus der damaligen Militärgrenze, flohen und im Westen des damaligen Ungarn angesiedelt wurden. Aufgrund eines Mangels an Arbeitsplätzen zog ein bedeutender Teil der dieser Gruppe nach Wien, wo sie mittlerweile kulturell und ethnisch gut organisiert sind.
 
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Abb. 2: Eine deutsch-kroatische Ortstafel im burgenländischen Spitzzicken

Tschechinnnen und Tschechen
 
Während der Donaumonarchie waren die Tschechen und Tschechinnen in Wien nach den Deutschsprachigen die am stärksten vertretene Volksgruppe, sodass Wien um die Jahrhundertwende nach Prag als zweitgrößte tschechische Stadt galt. Der Großteil der tschechischen Minderheit lebt heute in Wien, es gibt hier auch tschechische Kulturvereine, Kindergärten und Schulen.
 
Slowakinnen und Slowaken
Seit 1991 sind auch sie als Volksgruppe anerkannt. Die meisten dieser Menschen leben im Burgenland.
 

Roma, Sinti, Lowara
Der in der Umgangssprache verwendete Gesamtbegriff "Zigeuner" wird von den Vertretenden dieser Minderheiten als diskriminierend abgelehnt. Viele Roma leben heute (mitunter ausgegrenzt) am Rand burgenländischer Gemeinden oder in der Anonymität der Großstadt Wien.
 
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Abb. 3: Flagge der Roma

Ungarinnen und Ungarn
Als Burgenlandungarn und -ungarinnen (alternativ Burgenlandmagyaren und -magyarinnen) werden die Angehörigen der im Burgenland beheimateten ungarischen Volksgruppe bezeichnet. Sie sind auch die Nachkommen jener Grenzwächter, welche die ungarische Westgrenze zu schützen hatten.

 
Quellen:
Abb. 1: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Map_at_carinthia_municipalities_(Slovenes).png (06.08.2016)
Abb. 2: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Spitzzicken_-_Hrvatski_Cikljin.JPG (06.08.2016)
Abb. 3: https://en.wikipedia.org/wiki/File:Flag_of_the_Romani_people.svg (06.08.2016)