Theorie:

Neben der kleinen Lösungsformel gibt es auch noch die große Lösungsformel, die wir direkt für die ursprünglichen Koeffizienten der quadratischen Gleichung
\[ax^2 + bx + c = 0  \]
verwenden können. Wozu brauchen wir die große Lösungsformel, wenn die kleine schon so wunderbar funktioniert? Schauen wir uns dazu das folgende Beispiel an:
 
Beispiel:
Wir betrachten die Gleichung \( x^2 + 3x - 4 = 0\). Hier sind \(p=3\) und \(q=-4\); außerdem berechnen wir \(\frac{p}{2} = \frac32\).

Dann ist die Diskriminante  \(D =  \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q = \left(\frac32\right)^2 -(-4) = \frac94 +4 = \frac94 + \frac{16}{4} = \frac{25}{4}\).

Das ist positiv; wir haben also die beiden Lösungen

\(x_{1,2} = -\frac{p}{2} \pm\sqrt{D} = -\frac{3}{2} \pm\sqrt{\frac{25}{4}} = -\frac{3}{2} \pm\frac{5}{2} \)   also

\(x_1 =  -\frac{3}{2} -\frac{5}{2} = -\frac82 = -4\)   und

\(x_2 =  -\frac{3}{2} +\frac{5}{2} = \frac22 = 1\).
 
Bereits hier mussten wir relativ viel mit Brüchen arbeiten, obwohl die Lösungen selbst ganzzahlig waren. Stellen wir uns nun einmal vor, wir müssten die Lösung der Gleichung \(7x^2 + 5x + 12=0\) bestimmen. Dividieren wir durch \(a=7\), haben wir schon Brüche mit 7 im Nenner; \(\frac{p}{2}\) wäre dann sogar \(\frac{5}{14}\), was wir in der Diskriminante noch quadrieren müssten. Das ist mühsam und fehleranfällig - die große Lösungsformel ist oft einfacher anzuwenden.
 
Erinnern wir uns: bei der Bestimmung der kleinen Lösungsformel haben wir am Anfang unsere allgemeine quadratische Gleichung oben durch \(a\) dividiert:
 
\( x^2 + \frac{b}{a}x + \frac{c}{a} = 0 \)
 
Dadurch haben wir eine Gleichung \( x^2 + px + q = 0\) bekommen, mit \(p=\frac{b}{a}\) und \(q=\frac{c}{a}\). Wenn wir diese Werte nun in der kleinen Lösungsformel wieder zurück einsetzen, bekommen wir zunächst für die Diskriminante
\[ D =  \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q = \left(\frac{b}{2a}\right)^2 -\frac{c}{a} = \frac{b^2}{4a^2} -\frac{c}{a} = \frac{b^2}{4a^2} -\frac{4ac}{4a^2} = \frac{b^2-4ac}{4a^2} \,. \]
Das sieht noch nicht viel einfacher aus, aber sehen wir uns den Nenner an: Egal, welches Vorzeichen \(a\) hat, sein Quadrat ist immer positiv, und natürlich ist dann auch \(4a^2\) positiv. Eine Division durch einen positiven Nenner ändert aber das Vorzeichen der Diskriminante nicht. Es genügt also, wenn wir das Vorzeichen des Ausdrucks \(b^2-4ac\) untersuchen, um das der Diskriminante zu bestimmen. Falls unsere Koeffizienten \(a\), \(b\) und \(c\) ganzzahlig sind, ersparen wir uns also die Bruchrechnung.
 
Wenn wir uns die Lösungen nach der kleinen Lösungsformel anschauen, bekommen wir mit dem oberen Ergebnis
\[x_{1,2}=-\frac{p}{2} \pm\sqrt{D} = -\frac{b}{2a} \pm \sqrt{\frac{b^2-4ac}{4a^2} \;} = -\frac{b}{2a} \pm \frac1{2a}\sqrt{b^2-4ac \;} = \frac{-b \pm \sqrt{b^2-4ac \;}}{2a} \,.\]
Ganz kommen wir also nicht ohne einen Bruch aus, aber wenigstens müssen wir die Division nur einmal ganz am Ende durchführen, und wir ersparen uns die Zwischenberechnung von \(\frac{p}{2}\) der kleinen Lösungsformel. Wir sehen auch, dass der Ausdruck \(b^2-4ac\), der das gleiche Vorzeichen wie die Diskriminante hat, hier wieder vorkommt. Wir können diesen Ausdruck daher ebenso gut als unsere neue Diskriminante nehmen.
 
Wenn wir also eine quadratische Gleichung in der folgenden Form haben
\[ ax^2 + bx + c = 0 \,, \]
dann berechnen wir zuerst die Diskriminante
 
\[ D =  b^2-4ac \,.\]
 
Diese bestimmt dann, wie viele Lösungen es für \(x\) gibt:
  • Wenn die Diskriminante negativ ist (\(D<0\)), dann hat die Gleichung keine Lösung.
  • Wenn die Diskriminante null ist (\(D=0\)), dann hat die Gleichung genau eine Lösung, nämlich \(x=-\frac{b}{2a}\).
  • Wenn die Diskriminante positiv ist (\(D>0\)), dann hat die Gleichung zwei Lösungen. nämlich

    \(x_{1,2}=\frac{-b\pm\sqrt{D}}{2a} \).
    Wenn man die Diskriminante berechnet hat, kann man sie bei der Berechnung der Lösungen (wenn es welche gibt) unter der Wurzel gleich weiter verwenden. Trotzdem wird die Diskriminante in der großen Lösungsformel für die Lösungen normalerweise ausgeschrieben:

    \[x_{1,2}= \frac{-b \pm \sqrt{b^2-4ac \;}}{2a} \,.\]
Die eingerahmte große Lösungsformel wird auch oft als "Mitternachtsformel" bezeichnet (Von Schülern wurde oft erwartet, diese Formel so sicher auswendig zu können, dass sie sie auch dann aufsagen konnten, wenn man sie mitten in der Nacht weckte). Wenn man sich die kleine Lösungsformel nicht merken will, genügt die große völlig. Auch kann man grundsätzlich nur mit der kleinen und ohne die große Lösungsformel auskommen, muss dafür jedoch manchmal etwas kompliziertere Rechenwege in Kauf nehmen.
 
Schauen wir uns das letzte Beispiel noch einmal an, diesmal mit der großen Lösungsformel gerechnet:
 
Beispiel:
In der Gleichung \( x^2 + 3x - 4 = 0\) sind \(a=1\), \(b=3\) und \(c=-4\).

Dann ist unsere Diskriminante nach der großen Formel \(D =  b^2-4ac = 3^2-4\cdot 1\cdot (-4) = 9-(-16) = 25\).

Das ist positiv; wir haben also die beiden Lösungen

\(x_{1,2} = \frac{-b \pm\sqrt{D}}{2a} = \frac{-3 \pm \sqrt{25}}{2 \cdot 1}= \frac{-3 \pm 5}{2} \)   oder

\(x_1 =  \frac{-3-5}{2} = -\frac82 = -4\)   und

\(x_2 =  \frac{-3+5}{2} = \frac22 = 1\).

Das ist das selbe Ergebnis, war aber einfacher zu rechnen. Abgesehen von der Division ganz am Schluss, kamen wir diesmal ohne Bruchrechnungen aus.