Theorie:

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Isaac Newton
 
In der zweiten Hälfte des \(17\). Jahrhunderts beschäftigte sich Isaac Newton ausgiebig mit der Schwerkraft und der Mechanik des Sonnensystems. In seinem bahnbrechenden Hauptwerk "Principia Mathematica" präsentiert er folgendes Gedankenexperiment (hier in verkürzter Form wiedergegeben):
Schießt man, auf einem hohen Berg stehend, eine Kugel horizontal ab, so wird die Kugel (annähernd) eine parabolische Flugbahn beschreiben, und irgendwann auf der Erdoberfläche aufschlagen. Je höher die Abschussgeschwindigkeit ist, desto weiter wird die Kugel fliegen. Da die Erde rund ist, krümmt sich die Erde aber unter der Geschoßbahn. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit wird die gekrümmte Geschoßbahn genau der Krümmung der Erde folgen. Wenn es keinen Luftwiderstand gäbe, würde das Geschoß schließlich die Erde in einer gewissen Höhe ständig umkreisen.
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Illustration zu Newtons Gedankenexperiment. In B wurde die Kugel mit größerer Geschwindigkeit abgeschossen als bei A, deswegen fliegt die Kugel weiter. Bei C ist die Abschussgeschwindigkeit so groß, dass die Kugel schließlich nie mehr aufschlägt - die Erde krümmt sich "schnell genug" unter der Bahn weg.
 
Newton schließt daraus, dass die Schwerkraft der Erde auch auf den Mond wirkt, und dass es nichts anderes als die Schwerkraft ist, die den Mond in seiner Bahn hält. Der Mond umkreist die Erde also ähnlich dem Geschoss in Newtons Gedankenexperiment! Und auch die Sonne könnte eine Schwerkraft besitzen, die auf die Planeten wirkt, und diese in einer Bahn um die Sonne hält. Damit das funktionieren kann, muss es eine Wechselwirkung zwischen den jeweils involvierten Körpern geben, also zwischen der Kanonenkugel und der Erde bzw. zwischen dem Mond und der Erde geben, bzw. zwischen der Sonne und den Planeten. Dies führte zu der Behauptung:
Alle Körper ziehen einander an.
Newton versuchte anschließend, aus den vorhandenen Beobachtungsdaten ein Gesetz für die Anziehungskraft zwischen den Körpern abzuleiten. Als Grundlage diensten ihm dazu die Keplerschen Gesetze.
 
Für den Sonderfall kreisförmiger Umlaufbahnen lauten die Keplerschen Gesetze:
  1. Planeten bewegen sich auf kreisförmigen Bahnen um die Sonne.
  2. Der Betrag der Geschwindigkeit eines jeden Planeten bleibt konstant.
  3. Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die Kuben der Bahnradien.
Betrachten wir einen Planeten, der gemäß der obigen Gesetze um die Sonne kreist, und zwar in einem Abstand von \(r\). Des weiteren habe er die Masse \(m\), und bewege sich mit der Geschwindigkeit \(v\) um die Sonne. Damit der sich so auf einer Kreisbahn bewegende Planet auf der Kreisbahn bleibt, ist folgende Zentripetalkraft notwendig:
 
\(F=mv^2/r\).
 
Die Bahngeschwindigkeit \(v\) ist vorerst unbekannt, wir können sie jedoch durch die Umlaufzeit \(T\) des Planeten ausdrücken (\(2\pi r\) ist der Umfang der Kreisbahn, also der pro Umlauf zurückgelegte Weg des Planeten):
 
\(v=2\pi r / T\).
 
Durch das 3. Keplersche Gesetz kann man schließlich \(T\) mit \(r\) in Verbindung setzen. Laut dem 3. Keplerschen Gesetz gibt es eine Konstante \(C\), die nicht vom Bahnradius abhängt, sodass \(T=C\cdot r^{3/2}\). Das verwenden wir, um \(T\) in obigem Ausdruck für \(v\) zu ersetzen, und das wiederum verwenden wir, um \(v\) in dem Ausdruck für die Kraft zu substituieren. Wir erhalten schließlich:
 
\(F=\displaystyle \frac{(2\pi)^2}{C^2}\cdot \frac{m}{r^2}\).
 
Damit haben wir bereits einen ersten Eindruck der Form der Gravitationskraft gewonnen. Des weiteren könnte man vermuten, dass die Kraft proportional ist zur Masse \(M\) der Sonne ist. Wir erhalten also für die Kraft
 
\(F=\displaystyle \frac{GMm}{r^2}\).
 
Dabei haben wir alle auftretenden Konstanten in einer neuen Konstanten zusammengefasst, nämlich \(G\). Die Konstante \(G\) hängt nun weder von \(r\), noch von \(m\) oder \(M\) ab. Sie wird als die Gravitationskonstante bezeichnet. Newtons Überlegungen folgend sollte die Gravitationskraft zwischen allen Körpern wirken, und somit auch einem solchen Gesetz folgen. Das Newtonsche Gravitationsgesetz lässt sich damit in folgender Form zusammenfassen:
Newtonsches Gravitationsgesetz: Zwei punktförmige Massen \(m\) und \(M\), die den Abstand \(r\) zueinander haben, ziehen sich mit folgender Kraft (der Gravitationskraft) an:
 
\(\displaystyle F=\frac{GMm}{r^2}\).
 
Die Konstante \(G\) ist die Gravitationskonstante.
Wichtig!
Die Gravitationskraft zwischen zwei Massen ist vom Material vollkommen unabhängig!
Nun sind in der Praxis die meisten Massen nicht punktförmig, sondern haben, wie beispielsweise die Sonne, eine beachtliche räumliche Ausdehnung. Doch wie Newton alleine unter der Verwendung des Gravitationsgesetzes zeigen konnte, gilt:
Die Massenanziehung eines kugelförmigen, homogenen Körpers erfolgt exakt so, als ob seine gesamte Masse im Kugelmittelpunkt vereinigt wäre.
So könnte man, wenn man auf der Erdoberfläche steht, nicht unterscheiden, ob die Erde eine massive Kugel ist, bei der die Masse gleichförmig im Inneren verteilt ist, oder ob die Erde unter einer dünnen Kruste hohl wäre, und alle Masse in einem kleinen Punkt im Mittelpunkt der Kugel konzentriert wäre. (Das setzt natürlich voraus, dass die Erde eine perfekte Kugel wäre, und dass die Masse vollkommen homogen im Inneren verteilt ist, aber bis auf diese minimalen Abweichungen kann man damit arbeiten.) Speziell in Bezug auf die Planeten und Objekte im Sonnensystem ist es daher vollkommen korrekt und ausreichend, mit Punktmassen zu rechnen.
 
Kugelförmige Massen verhalten sich also exakt wie punktförmige Massen. Doch auch bei nicht-kugelförmigen Massen, wie zum Beispiel Asteroiden, kann man unter gewissen Umständen "so tun, als ob" sie auch Punktmassen sind. Betrachte die Fotos des Asteroiden Eros:
 
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Dieser Asteroid hat offensichtlich keine Kugelform. Für die Raumsonde NEAR Shoemaker, die ihn ein Jahr lang umkreiste, war die Abweichung von der Kugelform durchaus relevant, da die Sonde nahe genug am Asteroiden war, um die Unterschiede in der Anziehung zu spüren. Von der Sonne aus gesehen ist Eros de facto punktförmig - gemessen an der Distanz  hat die Verformung Eros keinen messbaren Einfluss auf die Umlaufbahn. Eros kreist genauso um die Sonne, als ob er die gleiche Masse hätte, aber punktförmig wäre.
 
Quellen:
[1] Bild von Isaac Newton https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GodfreyKneller-IsaacNewton-1689.jpg
[2] Bild zum Gedankenexperiment Newtons. By user:Brian Brondel (Own work) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY-SA 2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons. https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ANewton_Cannon.svg
[3] Bild von Eros. By NASA. https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3APIA02475_Eros'_Bland_Butterscotch_Colors.jpg
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Newtonsches_Gravitationsgesetz