Theorie:

Erstellen eines Stammbaumes
Ein Familienstammbaum wird erstellt, wenn man feststellen möchte, wie sich ein Merkmal (z.B. eine Krankheit) innerhalb einer Familie vererbt. Dabei wird ausschließlich das Wissen über die Merkmale verwendet.
 
abb46.jpg
Stammbaum für Albinismus
 
Beim Erstellen eines Stammbaumes muss eine Legende notiert werden, aus der ersichtlich ist, welche Symbole für männlich/weiblich und welche Symbole für die verschiedenen Merkmalsausprägungen (z.B. vorhanden/nicht vorhanden oder gesund/krank) stehen.
 
Wenn entschieden werden soll, mit welcher Wahrscheinlichkeit geplante Kinder eines Paares das Merkmal aufweisen würden, müssen die betreffenden Erbgänge durchüberlegt werden. Dabei wird berücksichtigt, dass jeder Elternteil einen doppelten Chromosomensatz hat. Ist er in dem betreffenden Merkmal reinerbig (= homozygot), so wird die Krankheit auf jeden Fall weitergegeben. Ist er mischerbig (= heterozygot), so besteht eine \(50\)%ige Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheit weitergegeben wird. Dies muss für beide Elternteile berücksichtigt werden.
 
Bei X-chromosomaler Vererbung muss bedacht werden, dass Männer nur ein X-Chromosom haben. Ist dieses krank, so tritt die Krankheit auf, auch wenn sie rezessiv ist. Denn der Mann (XY) hat ja kein zweites gesundes X-Chromosom, welches dem kranken gegenübersteht. Frauen (XX) können jedoch das kranke Gen weitergeben, ohne selbst zu erkranken (= Konduktorin). Y-chromosomale Krankheiten treten folglich nur bei Männern auf.
 
Wichtig!
Mit einem Stammbaum wird die Merkmalsverteilung innerhalb einer Familie graphisch dargestellt.
Stammbaumanalyse
 
Stammbäume werden üblicherweise einheitlich visualisiert:
  • Kreis (mit Farbe) \(=\) Frau (mit Erbkrankheit)
  • Viereck (mit Farbe) \(=\) Mann (mit Erbkrankheit) 
  • Kreis mit Punkt \(=\) Konduktorin (Überträgerin)
Zwei Fragen sind zu klären:
 
1. autosomal oder gonosomal?
  • autosomal: wenn statistisch gesehen gleich viele Männer & Frauen betroffen
  • Sind beide Geschlechter gleichermaßen betroffen? Wird sie von jedem Elternteil an männliche und weibliche Nachkommen weitergegeben? Wenn „ja“, geht es vermutlich um eine autosomale Vererbung.
2. dominant (Aa/AA) oder rezessiv (aa)?
  • dominant: wenn Merkmal in jeder Generation auftritt (penetrant)
  • Ist mindestens ein Elternteil der merkmalstragenden Person krank? Wenn dem so ist, handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine dominante Vererbung, wenn nicht, ist sie rezessiv.
Es gibt im Allgemeinen \(5\) verschiedene kombinierte Erbgänge:
 
AUTOSOMAL (A & a) :
a. autosomal-dominant
b. autosomal-rezessiv

GONOSOMAL (X & x & Y):
c. X-chromosomal-dominant
d. X-chromosomal-rezessiv
e. Y-chromosomal
 
 
Tipps & Tricks:
 
Autosomal-dominanter Erbgang:
  • Merkmalsträger in fast jeder Generation vorhanden
  • Verhältnis „Frau : Mann“ \(=\) ca. \(1 :  1\)
  • Wenn ein Kind Merkmalsträger ist, dann auch zumindest ein Elternteil
  • Bsp.: Chorea Huntington, Marfan-Syndrom, Neurofibromatose, Polydaktylie (Vielfingrigkeit)
  
Autosomal-rezessiver Erbgang:
  • Merkmalsträger nicht in jeder Generation vorhanden
  • Verhältnis „Frau : Mann“ \(=\) ca. \(1 :  1\)
  • Während ein Kind Merkmalsträger ist, können Eltern gesund sein
  • Bsp.: Albinismus, Mukoviszidose, Kretinismus, Sichelzellenanämie
 
X- chromosomal -dominanter Erbgang:
  • Merkmalsträger in fast jeder Generation vorhanden
  • Frauen & Männer sind betroffen (Frauen häufiger)
  • Wenn Vater Merkmalsträger, sind es auch seine Töchter
  • Bsp.: Alport-Syndrom, Vitamin-D-resistente Rachitis
 
X- chromosomal -rezessiver Erbgang:
  • Merkmalsträger sind hauptsächlich Männer
  • Frauen können Konduktorinnen (= Überträgerinnen) und selbst nicht betroffen sein
  • Frauen sind nur betroffen, wenn Vater Merkmalsträger und die Mutter Überträgerin
  • Bsp.: Hämophilie (Bluterkrankheit), Rot-Grün-Blindheit
 
Y-chromosomaler Erbgang:
  • Nur Männer sind Merkmalsträger
  • Alle Söhne eines betroffenen Vaters sind Merkmalsträger
  • Frauen sind nicht betroffen und sind auch keine Konduktorinnen
Quellen:
Ruso, Bernhart. 2011. BIOLOGIE. Skriptum. Wien: Dr. Roland GmbH, 2011. 3.Auflage