Theorie:

 Trauerspiel in 5 Aufzügen, Prosa
 
Auch dieses Stück Lessings, das im 18. Jahrhundert an einem italienischen Fürstenhof spielt, hat man als "bürgerliches Trauerspiel" bezeichnet, doch ist dies nur teilweise richtig, da hier neben den bürgerlichen Personen auch Adelige (der Fürst) wichtige Rollen innehalben. Der Konflikt zwischen beiden Ständen bildet ein Hauptmotiv dieser Tragödie, die auch von Lessings Zeitgenossen als Angriff gegen die Willkür der kleinen Fürsten verstanden wurde (vgl. Schillers "Kabale und Liebe").
 
Weiters verwendete Lessing in der "Emilia Galotti" das Virginia-Motiv: Im Jahre 449 v. Chr. hatte ein Plebejer namens Virginius seine Tochter Virginia getötet, um sie nicht der Schande der Sklaverei auszuliefern. (Der römische Dichter Livius war dafür seine Quelle.)
 
"Emilia Galotti" gilt wegen des straffen Aufbaues und der musterhaften Charakterzeichnung als vorbildliches deutsches Trauerspiel.
 
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Szene aus "Emilia Galotti" (5. Akt, 8. Szene)
 
Inhalt
 
Der Prinz von Guastalla hat sich in ein bürgerliches Mädchen, die schöne und tugendhafte Emilia Galotti, nach einer flüchtigen Begegnung verliebt. Durch ein Porträt Emilias, das ihm der Maler Conti anfertigt, wird seine Leidenschaft geschürt und steigert sich zur Raserei, als er von seinem Kammerherrn Marinelli erfährt, dass Emilia mit dem Grafen Appiani vermählt werden soll. Marinelli erhält den Auftrag, die Hochzeit zu verhindern. Er lässt den Hochzeitszug überfallen. Appiani wird getötet, Emilia von Dienern des Prinzen scheinbar gerettet und auf dessen Schloss gebracht. Prinz Guastalla bemüht sich, die Liebe Emilias zu gewinnen.
 
Gräfin Orsina, eine frühere Geliebte des Prinzen, erscheint auf dem Schloss und klärt den ebenfalls eingetroffenen Vater Emilias, Odoardo Galotti, über das abgekartete Spiel auf. Zuerst möchte Odoardo in aufwallendem Zorn den Prinzen töten, dann aber beschließt er, mit seiner Tochter das Schloss zu verlassen. Man hindert ihn jedoch daran. Emilia sieht sich nun gezwungen, in der Nähe des Fürsten zu bleiben, und fürchtet, dessen Verführungskünsten nicht auf die Dauer widerstehen zu können. Sie bittet ihren Vater, sie zu töten, um sie vor Schande zu bewahren. Nach furchtbarem inneren Kampf ersticht Odoardo seine Tochter mit einem Dolch.
  
  
Die Personen
  
Der Prinz ist ein zügelloser Genussmensch, der für sich keinerlei Schranken anerkennt und den Schmeicheleien und Intrigen Marinellis ein williges Ohr leiht.

Marinelli, des Prinzen Kammerherr, ist der eigentliche Bösewicht des Dramas. Um seinem Herrn zu dienen, scheut er selbst vor Mord und Entführung nicht zurück.
 
Emilia ist ein sanftes junges Mädchen, das der Tod des Bräutigams schwer trifft. Doch traut sie sich nicht die Seelenstärke zu, dem Prinzen zu widerstehen, und nimmt, um ihre Tugend zu bewahren, lieber den Tod in Kauf.
 
Odoardo Galotti, Emilias Vater, ein Offizier, rau, von altrömischer Sittenstrenge: Lieber tötet er die Tochter, als sie der Schande preiszugeben.
 
 
 
 
Quellen:
Roland, M. (Hrsg.): DEUTSCH. Lehrbrief 13, Dr. Roland GmbH, Auflage 08/2015, Wien
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Emilia_Galotti_(acto_quinto,_escena_VIII).jpg, 03.06.2016