Theorie:

 Dramatisches Gedicht in 5 Aufzügen, Blankvers
 
Entstehung: \(1779\), von Lessing als Antwort in einem theologischen Streit an Pastor Goeze gedacht, nachdem eine entsprechende theologische Streitschrift, die "Anti-Goeze Musen", verboten worden waren.
 
Quelle: Die Handlung ist frei erfunden und spielt im \(12\). Jahrhundert in Jerusalem, in dem sich die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam versammeln.
 
Inhalt
Welcher ist der wahre Gott? Welche ist die wahre Religion? „Nathan der Weise“ stellt die Frage nach Toleranz und gutem Handeln jenseits religiöser Ideologisierung. Lessing appelliert in seinem Aufklärungsdrama an den Frieden zwischen den Religionen und kritisiert die Gewalt der Religion.
 
 
 
Handlung
 
Der Jude Nathan hat seine Familie verloren. Sie wurde von Christen ermordet. Das Schicksal will es so, dass ihm ein Findelkind, ein Christenmädchen, in die Hände fällt, das er aufnimmt und als seine Tochter Recha im jüdischen Glauben grosszieht. Als Recha von einem jungen Christen, einem Tempelherrn, aus ihrem brennenden Haus gerettet wird, verlieben sich die beiden. Als Nathan den Retter aufsucht, um ihm zu danken, gesteht ihm dieser, dass er Recha liebe. Nathan und der Tempelherr ziehen einer über den anderen Erkundigungen ein. Der Tempelherr erfährt, dass Recha nicht Nathans leibliche Tochter ist, und will durch eine Anklage beim christlichen Patriarchen die Freigabe Rechas erzwingen.
Mittlerweile lässt Sultan Saladin Nathan zu sich kommen, um von ihm Geld zu erpressen. Nathan zieht sich dadurch, dass er dem Sultan die Ringparabel erzählt, aus der Schlinge und gewinnt das Vertrauen des Sultans.
Nun klärt sich alles auf: Der Tempelherr und Recha sind Geschwister, und zwar die Kinder von des Sultans verstorbenem Bruder, der als Gefangener im Abendland geheiratet hat. Die Familie ist nun wieder vereint, und über die Schranken des Glaubens hinweg haben edle Menschen - Nathan, der Sultan und die Geschwister - zueinander gefunden.
Personen
Saladin, Sultan: hochherzig, Muslim, zeigt gegen die Seinen Großmut, Milde und Gerechtigkeit, kennt aber gegen die christlichen Tempelritter keine Gnade.

Nathan: trägt Züge von Lessings Freund Mendelssohn und ist der Vertreter des Humanitätsgedankens: über dem Glaubensbekenntnis steht der Mensch!
 
Recha: jung, leicht beeinflussbar und hat ein gutes Herz; sie liebt ihren Vater innig, der ihr eine Erziehung angedeihen lässt, die auf rationale und humane Normen gründet.
 
Tempelherr: Tapfer und edel, überzeugter Christ.
 
Patriarch: erinnert an Pastor Goeze, verfolgungs- und verdammungswütig gegen alle Andersgläubigen.
Die Ringparabel
Die Ringparabel selbst entnahm Lessing dem "Dekameron" Boccaccios, sie findet sich auch bei anderen Dichtern und Dichterinnen.
 
 
Handlung
 
Ein Mann besitzt einen Ring mit besondere Eigenschaften, der über viele Generationen vom Vater an den meist geliebten Sohn vererbt wurde. Lessing gestaltet den Ring im Sinne der Aufklärung dahingehend, dass er die Kraft besitze, seinen Träger "vor Gott und den Menschen angenehm" zu machen. Eines Tages tritt der Fall ein, dass ein Vater drei Söhne hat und keinen von ihnen bevorzugen will. Er lässt sich exakte Kopien des Ringes herstellen und vererbt jedem seiner Söhne einen dieser Ringe.
Nach dem Tod des Vaters ziehen die Söhne vor Gericht, um klären zu lassen, welcher von den drei Ringen der echte sei. Da sich die Ringe vollends gleichen, ist der Richter außerstande, das zu ermitteln. Er erinnert die drei Brüder daran, dass sich der echte Ring in der Zukunft an der ihm nachgesagten Wirkung zeigen werde. Ihr Vater habe alle drei gleich gern gehabt und es deshalb nicht ertragen können, einen von ihnen zu begünstigen, so wie es die Tradition eigentlich erfordert hätte. Demzufolge sollten sich alle Ringträger bemühen, dass dieser Effekt "vor Gott und den Menschen angenehm" zu sein bei jedem Einzelnen eintritt.
  
Die die Größe Charakterzeichnung und die konsequente Durchführung des Humanitäts - und Toleranzgedankens von "Nathan der Weise" steht außer Frage. Nach Wielands "Lady Johanna Gray" ist es das zweite deutsche Schauspiel in reimlosen fünffüßigen Jamben (Blankversen), das sich von da an als Metrum endgültig durchsetzt.
 
Quellen:
Roland, M. (Hrsg.): DEUTSCH. Lehrbrief 13, Dr. Roland GmbH, Auflage 08/2015, Wien
http://www.schauspielhaus.ch/spielplan/premieren/600-nathan-der-weise, 24.06.2016
http://wortwuchs.net/ringparabel/, 03.06.2016
http://literaturlexikon.uni-saarland.de, 03.06.2016