Theorie:

 
Als Symbolismus wurde vorerst die Schaffensform einer französischen Dichtergruppe bezeichnet, die sich um Mallarmé zusammengeschlossen hatte und 1886 förmlich in einem Manifest ihr Programm niederlegte. Später ordnete man alle jene Dichterinnen und Dichter dem Symbolismus zu, die in der Art dieser Franzosen schrieben. Die wichtigsten Vertreter in Österreich waren Rainer Maria Rilke und Hugo von Hofmannsthal.

Der Symbolismus trachtete danach, die Geheimnisse des Lebens und der Welt zu ergründen. Diese liegen aber zu tief, um in Worte gefasst und mit dem Verstande aufgenommen zu werden, darum suchte man sie durch Bilder, Allegorien oder Symbole darzustellen - davon stammt der Name der Strömung. Das Symbol ist das letzte Hilfsmittel, wenn das Unfassbare und bloß Geahnte nicht mehr begrifflich wiederzugeben ist.
 
 
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Odilon Redon: Der Zyklop

Der Naturalismus suchte den vielfältigen Stoff, der Symbolismus dient nur mehr der reinen Poesie. Es liegt schon im Wesen der Symbolik an sich, dass sie für Uneingeweihte nicht immer begreifbar ist, und so wendet sich auch die Dichtung des Symbolismus an einen verhältnismäßig kleinen Kreis, da sie schwer zu verstehen ist und oft nebelhaft dunkel metaphysische Weisheiten in symbolischer Einkleidung ausdrückt.
 
Ein wichtiger Einfluss ist ebenso wie für die Neuromantik Richard Wagner (siehe Theoriekapitel "Neuromantik"). Auch Edgar Allan Poe war ein bedeutender Anstoß für den europäischen Symoblismus (siehe Theoriekapitel "Außerhalb Österreichs").
 
Merkmale
  
  • Verwendung von Symbolen: diese haben einen tieferen Sinn (z.B. Rilkes gefangener "Panther" als Mensch in seiner Gefangenheit)
  • Dichtung sollte suggestive Kraft entfalten, also dem Geheimnisvollen durch Verwendung von Symbolen auf die Spur kommen
  • Abkehr vom Hässlichen: nach dem Naturalismus gab es eine neue Sehnsucht nach Schönheit, Vergangenheit und Ferne (z.B. Orient)
  • Kunst wird elitär, eine Sache von "Auserwählten", siehe auch den Ausspruch: "L'art pour l'art" (Kunst um der Kunst willen)
  • Vorbild war unter anderem die Romantik mit ihren Legenden, Sagen und Märchen.
 
Vertreter (Frankreich)
 
Die wichtigsten Vertreter der "ursprünglichen" französischen Symbolisten waren:
 
 
Stéphane Mallarmé (1842 - 1898)
 
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Stéphane Mallarmé auf einem Gemälde von Édouard Manet
 
Mallarmé war die führende Persönlichkeit des französischen Symbolismus. Er liebte Richard Wagner sehr und versuchte, der Dichtkunst in Form einer irrationalen Metaphysik wieder Hintergründigkeit zu verleihen.

Dabei verlor er sich oft in Traumvisionen, ins Fantasieren mit Worten. Nicht die Idee ist seiner Ansicht nach das Wichtigste einer Dichtung, sondern das Wort, das Bild, das das Wesen der Dinge nur erahnen lässt. Sein Haus bildete den Mittelpunkt der damaligen Dichtergeneration, und sein Einfluss auf die europäische Dichtung war sehr groß.
 
Er war vor allem Lyriker, "Nachmittag eines Fauns", "Weiße Seerose", "kleines Lied" gehören zu seinen bekanntesten Dichtungen, nach deren realem "Sinn" man allerdings nicht fragen darf. Seine Symbol-Magie und seine exzentrische Sprachkunst haben die ganze Richtung stark beeinflusst.
Charles Pierre Baudelaire (1821 - 1867)
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Baudelaire gewann mit seinem Werk großen Einfluss auf Mallarmé und die französischen Symbolisten. Auch er liebte Richard Wagner und setzte sich für ihn in Frankreich ein. Baudelaire war ein Lyriker des Bösen, des Satanischen, das er überall in der Welt als Gegenpol des Guten sieht. Aber er vermag selbst noch dem Hässlichsten, Grausigsten seine schönen Seiten abzugewinnen, bleibt immer Ästhet trotz aller Verzweiflung am Leben und allem Laster.
 
Sein bekanntestes Werk "Blumen des Bösen" wurden wiederholt ins Deutsche (u. a. von Stefan George und Stefan Zweig) übersetzt.
Jean Arthur Rimbaud (1854 - 1891)
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Porträt des 17-jährigen Rimbaud
 
Rimbaud war der Revolutionär unter den französischen Symbolisten, der sich gegen den ästhetischen Literaturbetrieb wendet und die Gesellschaft scharf kritisiert. Erfüllt von Visionen, schreibt der erst Fünfzehnjährige leidenschaftliche Verse von erstaunlicher Frühreife. Aber schon nach vier Jahren verstummt dieses junge Genie. Nach einem abenteuerlichen Leben, das ihn durch die halbe Welt führte, verschied er, erst 37-jährig, vom Leben ausgebrannt, aber doch zuletzt mit Gott versöhnt.
 
Rimbaud gehört zu den eigenartigsten Erscheinungen der Literatur überhaupt, seine übernatürlichen Gedichte eröffnen ihm die grauenerregendsten Abgründe des Seins, lassen ihn schließlich an allem, an Kunst, Kultur und am Sinn der Welt so verzweifeln, dass er sogar das letzte Mittel, das ihm innere Befreiung geboten hätte, nämlich die Dichtkunst, von sich warf.
 
Besonders bekannt geworden von seiner Lyrik sind "Bettelkinder", "Das trunkene Schiff", "Illuminationen", viele seiner Gedichte wurden ins Deutsche übersetzt.
 
Paul Verlaine (1844 - 1896)
 
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Verlaine hatte zuerst das Genie Rimbauds erkannt und war mit ihm durch mehrere Jahre in einer Art Hassliebe verbunden, von der er sich nicht befreien konnte. Er war ein Gestrandeter des Lebens, den das Schicksal aus bürgerlicher Geborgenheit durch Laster und Verbrechen zu einem Büßerdasein führte.
 
In der Dichtung folgte er den Spuren Baudelaires, war ein Stimmungskünstler und Individualist in der Lyrik. Wie im Leben, so schwankte er auch in seiner Dichtung zwischen Extremen. Musik sind seine Worte, an deren Wohlklang er sich berauscht, Stimmungsmalerei seine Stärke. Wegen der Eigenart der Sprache sind seine Gedichte sehr schwierig zu übersetzen; es liegen viele Versuche vor.
 
Quellen:
Mayer, Stephanie (2015): DEUTSCH. Literaturgeschichte 2, Dr. Roland GmbH, 8. Auflage, Wien
Schenk, I. (2015): DEUTSCH. Lehrbrief 28, Dr. Roland GmbH, 2. Auflage, Wien
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ARedon.cyclops.jpg (2.6.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Edouard_Manet_-_St%C3%A9phane_Mallarm%C3%A9_-_Google_Art_Project.jpg (1.6.2016)
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