Theorie:

Deutschland: Wegbereiter 

Auch auf deutschem Boden war die Entwicklung weitergegangen und die deutschsprachige Dichtung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts musste sich mit den Erscheinungsformen des neuen Zeitgeistes auseinander setzen.

 

Schon der Realismus hatte eine wirklichkeitsnähere Einstellung zum Leben gebracht, romantische Weltflucht war ihm fremd, er zeichnete das wahre Leben und bildete somit bereits die Vorstufe zum nachfolgenden Naturalismus.

 

Einige der Dichter des Poetischen Realismus können als unmittelbaren Wegbereiter der neuen Geistesrichtung genannt werden: Otto Ludwig, Theodor Fontane, Ferdinand von Saar und Ludwig Anzengruber.
 
Als "Vorkämpfer" des Naturalismus in Deutschland gelten allerdings Arno Holz und Johannes Schlaf.
 
Arno Holz (1863 - 1929)
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Der Ostpreuße gilt als der eigentliche Begründer des Naturalismus in Deutschland. In seiner 1890 erschienenen Schrift: "Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze" legte er das Ergebnis seiner kunsttheoretischen und soziologischen Studien nieder. Das von ihm verkündete Grundgesetz lautet:
 
Die Kunst hat die Tendenz, w i  d e r  Natur zu sein. Sie wird sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Reproduktionsbedingungen und deren Handhabung.
  
Er verlangt nun, dass sich ein Kunstwerk möglichst der Natur annähern und diese mit fast fotographischer Genauigkeit wiedergeben solle. Dazu erstrebt er auch die Schaffung neuer sprachlicher Ausdrucksmittel.
 
Um größtmögliche Wirklichkeitstreue bemüht, kam er zu einer bis in die letzte Einzelheit gehende, fast mikroskopisch genauen Wiedergabe von Eindrücken - gemeinsam mit seinem Freunde Johannes Schlaf versuchte er, diese Theorie in die Praxis umzusetzen.
 
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Arno Holz und Johannes Schlaf
  
Johannes Schlaf (1862 - 1941)
Gemeinsam mit Holz entstanden in einer ärmlichen Stube in Berlins Umgebung die ersten Skizzen als dichterische Beispiele: "Papa Hamlet", "Der erste Schultag", "Ein Tod".
 
Diese "Vorstudien" sind ein Mittelding zwischen erzählender und dramatischer Dichtung und zeigen ein Stück Leben im "Sekundenstil"; auch die geringfügigste Einzelheit wird genau festgehalten, sei sie nun visueller oder akustischer Art.
 
Auf diese Weise gelang es zwar den beiden Autoren, die ihre Werke unter dem Pseudonym Bjorne P. Holmsen herausgaben, in minutiöser Kleinmalerei wirkungsvoll die Seelenstimmung der Hauptgestalten zum Ausdruck zu bringen, aber zu größeren Werken reichte diese Kleinkunst nicht aus. Der einzige Versuch solcher Art war das gemeinsam verfasste Milieudrama "Familie Selicke".
 
Die Handlung dieses Dramas ist arm, reich dafür die Detailschilderung. Jeder dramatische Aufbau fehlt.
 
Danach gingen die beiden Dichter künstlerisch eigene Wege. Holz widmete sich der Reform der Lyrik, Schlaf schrieb
eines der bühnenwirksamsten Dramen: "Meister Oelze". Dieses Werk ist ein Seelengemälde in der Art von Dostojewskijs "Raskolnikow".

  

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Johannes Schlaf ergibt sich jedoch bald seinen mystischen Neigungen und wird vom Naturalisten zum Symbolisten.

Arno Holz und Johannes schlaf gelten als "Vorkämpfer" des Naturalismus in Deutschland. In einer Mischung aus erzählender und dramatischer Dichtung entwickelten sie den "Sekundenstil", in dem auch kleinste Details genau festgehalten werden.
Arno Holz verfasste als "Grundgesetz" die Forderung "Natur = Kunst".
Quellen:
 
Quellen:
Schenk, I. (2015): DEUTSCH. Lehrbrief 27, Dr. Roland GmbH, 2. Auflage, Wien
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ABuettner_Arno_Holz.jpg (9.5.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AArno_Holz_%26_Johannes_Schlaf.jpg (9.5.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AJohannes_Schlaf%2C_portrait.jpg (9.5.2016)