Theorie:

Zum Schluss werden noch zwei Beispiele für grenzüberschreitede Kooperationsnetzwerke näher beleuchtet:  
CENTROPE
Zu dieser Region gehört Westungarn, die slowakischen Landschaftsverbände Bratislava und Trnava, die tschechischen Regionen Südmähren und Südböhmen und die österreichischen Bundesländer Niederösterreich, Wien und Burgenland.

Diese zentrale Europaregion (Central Europe) wurde \(2003\) gegründet und umfasst mehr als \(7\) Millionen Menschen auf rund \(54.500\) km². Hauptziel ist die Zusammenarbeit im Wirtschafts-, Infrastruktur-, Bildungs- und Kulturbereich. Angestrebt werden gemeinsame Werbung im Tourismusbereich und eine Entwicklung zu einem der stärksten Wirtschaftsräume Europas.
  
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Abb. 1: Die CENTROPE-Regionen in vier Ländern
  
  
Bildung und Kultur
Das vom Stadtschulrat für Wien \(2009\) gemeinsam mit Partnern aus den Regionen Südmähren, Bratislava und Győr-Moson-Sopron ins Leben gerufene Projekt EdTWIN (Education Twinning for European Citizienship) richtet sich vor allem an Schülerinnen und Schüler, Lehrende und Bildungsfachleute und soll das Erlernen der jeweils anderen in Centrope gesprochenen Sprachen fördern und somit auf das Leben und Arbeiten in Centrope vorbereiten.

Wirtschaft
Das wirtschaftliche Kerngebiet von Centrope sind die Zwillingsstädte Wien-Bratislava mit ihrer hohen Bildungs- und Ausbildungskompetenz sowie der Konzentration von Forschungsinstitutionen. In unmittelbarer Umgebung finden sich die tschechischen und slowakischen Automobilproduktionsstätten sowie das westungarische Metallzentrum Győr und die Zulieferindustrie Ost- und Südösterreichs. Zur Diversifizierung der Region trägt hier auch der entstehende IT-Sektor sowie der niederösterreichische Holzcluster bei.

In den letzten Jahren siedelten sich zudem Hunderte internationale Firmen in der Region Wien-Bratislava an, die von hier aus den gesamten Mittel- und Osteuropäischen Raum bedienen.
  
Infrastruktur
Bedingt durch die jahrelange Trennung von West- und Osteuropa enden viele Verkehrswege im Nordosten Österreichs. Seit Beginn des \(21\). Jahrhunderts wird wieder massiv in den Infrastrukturausbau dieser Region investiert. Zahlreiche Bauvorhaben wurden schon umgesetzt bzw. geplant, so zum Beispiel wichtige Bahn- und Straßenverbindungen (A5, A6, S8) oder der CAT (City Airport Train) zum Flughafen Wien.

Eine Verlängerung der Flughafenschnellbahn bis nach Bratislava ist geplant. Der Wiener Zentralbahnhof vereint die bisherigen Wiener Kopfbahnhöfe in einem Durchgangsbahnhof. Mit dem Twin City Liner wurde zudem eine Linienverbindung auf der Donau nach Bratislava geschaffen.
  
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Abb. 2: Der Twin City Liner verbindet Wien und Bratislava auf dem Wasserweg


Als längerfristiges Infrastrukturprojekt ist die Slowakische Regierung an einer Verbindung von Wien, Bratislava und Budapest mit der Hochgeschwindigkeitsbahn Hyperloop interessiert. Diese Technologie ist allerdings erst in Entwicklung.

Die Zwillingsstädte als Tor nach Asien
Die Zwillingsstädte Wien und Bratislava wollen sich durch den Ausbau von Schienen- und Wasserwegen als Europas Tor nach Asien positionieren. So gibt es zum Beispiel Bestrebungen, die breitspurige Transsibirische Eisenbahn nach Wien und Bratislava zu verlängern und mit dem Wasserverkehrsweg Donau bzw. der Straße zu verbinden.

Eine Zeitersparnis würde sich ergeben, wenn Containerschiffe aus Asien nicht mehr in Rotterdam oder Hamburg abgefertigt werden müssen, sondern am Seehafen von Constanţa in Rumänien am Schwarzen Meer anlegen. Die Fahrzeit auf der Donau würde sich um einige Tage verkürzen, was hauptsächlich auf die Niedrigwasserproblematik zwischen Rotterdam und den Zwillingsstädten zurückzuführen ist. Auch die zentrale Lage spricht für die Zwillingsstädte, da Rotterdam und Hamburg ungünstig für den mitteleuropäischen Warenverkehr liegen.
Baltische Palette (Euroregion Baltic - ERB)
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Abb. 3: Regionen der Euroregion Baltic (ERB)

Die Baltische Palette stellt eine Kooperation im Südosten der Baltischen Meeresregion dar; sie besteht aus acht Regionen in den Staaten Dänemark, Litauen, Polen, Russland and Schweden.

Es war die erste europäische Region, die auch formal eine Partnerschaft mit einer Region der Russischen Föderation eingegangen ist. Von Anfang an hat die Baltische Palette das Ziel verfolgt, die Lebensbedingungen der betroffenen Bevölkerungen zu verbessern, indem alle Formen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Kontakte der lokalen Gemeinschaften forciert wurden, um so eine verstärkte Entwicklung innerhalb der Region zu erzielen.

Die Herausforderung bestand darin, die Interessen der Mitgliedsstaaten der EU, benachbarter Staaten generell und des Bezirkes Kaliningrad der Russischen Föderation auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Gerade weil dieses Projekt Regionen alter und neuer EU-Mitglieder und mit Kaliningrad auch eine Region außerhalb der EU umfasst, ist ihre wichtigste Aufgabe, Netzwerke über die Grenzen hinweg aufzubauen, um Dialog und politische Zusammenarbeit zu entwickeln und so auch ökonomische Reformen und Projekte voranzutreiben.
  
  
Quellen:
Roland, M. (Hrsg.): GEOGRAPHIE. Lehrbrief 5, Dr. Roland GmbH, Auflage 12/2015, Wien
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACentrope_Map.svg (01.08.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AWien_01_Donaukanal_Twin_City_Liner_b.jpg (02.08.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AERB_map.jpg (02.08.2016)