Theorie:

Die Friedensverträge
Als eigentlicher Sieger des ersten Weltkriegs konnte sich Frankreich fühlen. Es hatte unter den Alliierten die größten Kriegsanstrengungen unternommen und die größten Opfer gebracht.
Die Friedenskonferenz fand daher in Paris statt und dauerte über ein Jahr. Da die Friedensverträge in verschiedenen Schlössern rund um Paris abgeschlossen wurden, nennt man sie auch Pariser Vororteverträge.
  
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Karte der Unterzeichnungsorte der Pariser Vorortverträge
 
Die"Großen Vier", die die Konferenz beherrschten, waren der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau, der britische Premierminister David Lloyd George, Italiens Regierungschef Vittorio Emanuele Orlando und der US-Präsident Woodrow Wilson.
 
 
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Die "großen Vier" bei der Pariser Friedenskonferenz (v.l.n.r.): David Lloyd George (Großbritannien), Vittorio Orlando (Italien),  Georges Clemenceau (Frankreich), Woodrow Wilson (USA)
 
 
Über viele Fragen herrschten sehr verschiedene Auffassungen:
 
• Am unerbittlichsten wollte Clemenceau gegen die Unterlegenen vorgehen. Es ging ihm dabei nicht nur um Revanche, sondern um die künftige Sicherheit Frankreichs gegenüber Deutschland, dessen Truppen innerhalb eines Jahrhunderts dreimal in Frankreich einmarschiert waren.
 
• Lloyd George, dessen Land wegen seiner Insellage nicht so unmittelbar betroffen war, milderte oft die Bestrebungen der französischen Delegation und setzte wiederholt die Durchführung von Volksabstimmungen in Gebieten durch, die ursprünglich zur Abtretung vorgesehen waren.
 
• Orlando wollte schlicht und einfach möglichst viele Gebietsgewinne für Italien herausholen. So forderte er u. a. Südtirol, die Umgebung von Triest und Dalmatien.
 
• Woodrow Wilson war der große Idealist in dieser Viererrunde. Er hatte bereits 1917 in einem 14-Punkte-Programm Grundsätze aufgestellt, nach denen eine künftige, dauerhafte Friedensordnung gestaltet werden sollte. Darin hatte er u. a. ein Selbstbestimmungsrecht der Völker in "gemischten Gebieten" gefordert.
 
Demzufolge sollten die neuen Grenzen in Europa unter dem Gesichtspunkt bestimmt werden, dass die Sprachgruppen ihre staatliche Zugehörigkeit selbst wählen könnten.
 
Die Staats- und Regierungschefs der Siegermächte, der Franzose Clemenceau, der Brite Lloyd George, der Italiener Orlando und der Amerikaner Wilson beherrschten die Friedenskonferenz von Paris. Sie wurden auch "die großen Vier" genannt.

 Fünf Friedensverträge - ein Diktatfrieden
Woodrow Wilson musste jedoch nur zu bald enttäuscht feststellen, dass die übrigen Siegermächte nicht an Idealen, sondern an einer Erweiterung ihrer Machtsphäre interessiert waren.
 
So dachten diese Siegermächte gar nicht daran, sich mit den Unterlegenen in Verhandlungen einzulassen. Sie schrieben vielmehr einen Vertragstext vor, an dem nur noch durch schriftliche Einwendungen die eine oder andere - bescheidene - Abänderung möglich war. Man spricht daher in diesem Zusammenhang oft von Diktatfrieden. (Allerdings war Deutschland nicht allzu lange zuvor, als es selbst im Kampf gegen Russland als Sieger schien, im Frieden von Brest-Litowsk nicht viel anders verfahren.)
 
Insgesamt wurden in Pariser Vororten fünf Friedensverträge unterzeichnet:
 
  • mit Deutschland: Friede von Versailles
  • mit Österreich: Friede von St. Germain
  • mit Ungarn: Friede von Trianon
  • mit Bulgarien: Friede von Neuilly
  • mit der Türkei: Friede von Sévres
Die Siegermächte des ersten Weltkriegs ließen sich nicht auf Verhandlungen mit den Unterlegenen ein, sondern legten ihnen einen Vertragstext vor, der bloß minimale, schriftliche Änderungen erlaubte. Man spricht daher von einem Diktatfrieden.
Quellen:
Roland, Peter: GESCHICHTE. Lehrbrief. Wien: Dr. Roland GmbH, 2015, 9. Auflage
Jackson, Edward (US Army Signal Corps): Big Four. Online unter: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Big_four.jpg (12.04.2016)
Lencer: Karte der Verzeichnungsorte der Pariser Vorortverträge. Online unter: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Karte_der_Pariser_Vorortvertr%C3%A4ge.png (18.04.2016)