Theorie:

In den bisherigen Beispielen wird aus den ersten Folgegliedern unmittelbar klar, wie die jeweilige Folge weitergeht. Dies ist nicht immer so leicht zu sehen; außerdem möchte man z.B. wissen, welche Zahl das 100. Folgeglied ist. In diesem Fall möchte man eine mathematische Formel, mit der man jedes Folgeglied berechnen kann. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: die implizite und die explizite Darstellung.
  • In der impliziten Darstellung wird angegeben, wie man von gegebenen Folgegliedern auf die nächsten kommt. Beispielsweise erhalten wir die jeweils nächste natürliche Zahl, indem wir zum letzten Folgeglied immer eins addieren. Bei den ungeraden Zahlen muss man dagegen immer zwei addieren, um die nächste zu erhalten:
    \[u_{n+1} = u_n+2 \,. \] (Hier kann \(n\) für jede natürliche Zahl stehen, etwa \(n=2\). Dann ist \(n+1=3\), und die Gleichung ergibt
    \[u_3 = u_2+2 = 3+2 = 5 \,. \] Allerdings brauchen wir hier auch das erste Folgenglied, um die Folge zu charakterisieren. Denn hätten wir z.B. als erstes Folgenglied die Zahl 2 anstelle der Zahl 1 genommen und dann immer die Zahl 2 addiert, hätten wir eine Folge von geraden Zahlen erhalten. Die Folge der ungeraden Zahlen wird also erst durch
    \[ u_1 = 1, \quad u_{n+1} = u_n+2  \] eindeutig beschrieben.

    Bei der impliziten Darstellung braucht man daher zwei Dinge: zumindest ein Anfangsglied (bei manchen Folgen auch mehr als eines, z.B. die ersten zwei oder drei Glieder) als Startpunkt und ein Bildungsgesetz, mit dem man von gegebenen Gliedern auf die nächsten schließen kann.
     
  • Mit der impliziten Darstellung kann man im Prinzip jedes Folgenglied berechnen, aber manchmal ist dies zu mühsam. Wollten wir z.B. wissen, was das 100. Folgenglied der ungeraden Zahlen ist, müssten wir bei \(u_1 =1\) beginnen und uns dann durch wiederholtes Addieren der Zahl 2 bis zum 100. Glied "hangeln". Dies erfordert 99 Additionen bis zum 100. Glied — im Falle höherer Glieder noch viel mehr.

    In diesem Fall ist oft die explizite Darstellung einfacher. Genau wie die Funktionsgleichung einer reellen Funktion sagt sie uns direkt, was der Wert eines Glieds \(a_n\) ist, wenn wir \(n\) in die Darstellung einsetzen. Beispielsweise ist für die ungeraden Zahlen
    \[ u_n =  2n-1 \,. \] Setzen wir die ersten natürlichen Zahlen ein, erhalten wir tatsächlich die ersten Folgenglieder der ungeraden Zahlen:
    \[ u_1 = 2\cdot 1 - 1 = 1, \; u_2 = 2\cdot 2 - 1 = 3, \; u_3 = 2\cdot 3 - 1 = 5, \; \text{etc.} \] Wir können mit dieser Darstellung auch sofort berechnen, was die 100. ungerade Zahl ist:
    \[u_{100}=2\cdot 100 - 1 = 199 \,. \]