Theorie:

Wir haben gesehen, wie man Spezialfälle der quadratischen Gleichungen lösen kann: die homogene und die reinquadratische Gleichung.
 
Um allgemeine quadratische Gleichungen zu lösen, werden wir zuerst den quadratischen Koeffizienten \(a\) los, indem wir die Gleichung durch ihn dividieren:
 
\(ax^2 + bx + c = 0 \quad | \; : a \)
 
\( x^2 + \frac{b}{a}x + \frac{c}{a} = 0 \)
 
Wir haben also eine gleichwertige Gleichung, die nur noch zwei Koeffizienten hat. Diese wollen wir nicht immer als Bruch schreiben, also benennen wir sie um in \(p=\frac{b}{a}\) und \(q=\frac{c}{a}\). Mit diesen neuen Buchstaben schreibt sich unsere Gleichung nun als
\[ x^2 + px + q = 0 \,. \]
Zur Lösung dieser Gleichung haben sich Fachleute vor einigen Jahrhunderten einen Trick überlegt, diese in eine reinquadratische Gleichung zu verwandeln. Wenn wir \(q\) durch Subtrahieren auf die rechte Seite bringen, haben wir
\[ x^2 + px = -q \,. \]
Das Problem gegenüber der reinquadratischen Gleichung ist hier, dass wir nicht einfach aus der rechten Seite die Quadratwurzel ziehen können, weil links nicht nur das Quadrat von \(x\) steht. Also dachten sich die Mathematiker, dass es doch schön wäre, wenn man z.B. den linken Ausdruck irgendwie als Quadrat von etwas schreiben könnte. Das geht zwar nicht direkt, aber wenn wir uns an die binomische Formel erinnern, dann ist
\[ \left(x+\frac{p}{2}\right)^2 = x^2 + 2\cdot \frac{p}{2}x + \left(\frac{p}{2}\right)^2 = x^2 + px + \left(\frac{p}{2}\right)^2\,.\]
Das sieht schon fast wie die gesuchte linke Seite \(x^2+px\) aus, bis auf den zusätzlichen Summanden \(\left(\frac{p}{2}\right)^2\), der aber eine reine Zahl ist. Wir können bei der oberen Gleichung genau diese Zahl addieren; dann erhalten wir
 
\( x^2 + px = -q \quad | + \left(\frac{p}{2}\right)^2\)
\( x^2 + px + \left(\frac{p}{2}\right)^2 = -q + \left(\frac{p}{2}\right)^2 \)
 
Jetzt steht auf der linken Seite genau das Ergebnis unserer binomischen Formel, und dieses war ja das Quadrat von \(x+\frac{p}{2}\):
 
\( \left(x+\frac{p}{2}\right)^2 = \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q \)
 
Also muss die rechte Seite das Quadrat einer anderen Zahl sein; wir könnten diese z.B. kurzzeitig in \(y = x+\frac{p}{2}\) umbenennen und schreiben
 
\( y^2 = \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q \)
 
Das sieht aber fast wie eine nach \(y^2\) aufgelöste reinquadratische Gleichung für \(y\) aus. Wir wissen schon, dass diese Gleichung keine, eine oder zwei Lösungen für \(y\) hat — je nachdem, ob die rechte Seite negativ, null oder positiv ist. Die rechte Seite bestimmt also, wie viele Lösungen es gibt, was wichtig ist. Deshalb bekommt sie einen eigenen Namen und heißt Diskriminante der Gleichung; sie wird abgekürzt mit
\[ D =  \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q \,.\]
  • Wenn die Diskriminante negativ ist (\(D<0\)), dann hat die Gleichung keine Lösung.
  • Wenn die Diskriminante null ist (\(D=0\)), dann hat die Gleichung genau eine Lösung, nämlich \(y=0\).
  • Wenn die Diskriminante positiv ist (\(D>0\)), dann hat die Gleichung zwei Lösungen. nämlich \(y_{1,2} = \pm\sqrt{\left(\frac{p}{2}\right)^2 -q\;} = \pm\sqrt{D}\).
Nun haben uns ja nicht die Lösungen für \(y=x+\frac{p}{2}\) interessiert, sondern die Lösungen für \(x\) selbst. Wir brauchen den Ausdruck für \(y\) aber nur zurück nach \(x\) aufzulösen:
 
 \(y=x+\frac{p}{2} \quad | \; -\frac{p}{2} \)
 \(y-\frac{p}{2}=x \)
 
Die Lösungen für \(x\) bekommen wir also, wenn wir von den Lösungen für \(y\) die Zahl \(\frac{p}{2}\) subtrahieren. An der Anzahl der Lösungen ändert das aber nichts, also bestimmt die Diskriminante immer noch, wie viele Lösungen es für \(x\) gibt. Wir fassen das nun zusammen:
 
Wenn wir eine quadratische Gleichung in der folgenden Form haben
\[ x^2 + px + q = 0 \,, \]
dann berechnen wir zuerst die Diskriminante
 
\[ D =  \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q \,.\]
 
Diese bestimmt dann, wie viele Lösungen es für \(x\) gibt:
  • Wenn die Diskriminante negativ ist (\(D<0\)), dann hat die Gleichung keine Lösung.
  • Wenn die Diskriminante null ist (\(D=0\)), dann hat die Gleichung genau eine Lösung, nämlich \(x=-\frac{p}{2}\).
  • Wenn die Diskriminante positiv ist (\(D>0\)), dann hat die Gleichung zwei Lösungen. nämlich

    \(x_{1,2}=-\frac{p}{2} \pm\sqrt{D}\). Das bedeutet, dass die beiden Lösungen \(x_1=-\frac{p}{2} -\sqrt{D}\) und \(x_2=-\frac{p}{2} +\sqrt{D}\) sind. Es ist zwar grundsätzlich egal, welche der Lösungen als \(x_1\) und welche als \(x_2\) bezeichnet wird; im Allgemeinen ist es aber übersichtlicher, die kleinere Lösung zuerst anzuschreiben.

    Wenn man die Diskriminante berechnet hat, kann man sie bei der Berechnung der Lösungen (wenn es welche gibt) unter der Wurzel gleich weiter verwenden. Trotzdem wird die Diskriminante in der Formel für die Lösungen normalerweise ausgeschrieben:

    \[x_{1,2}=-\frac{p}{2} \pm\sqrt{ \left(\frac{p}{2}\right)^2 -q\;}\]

     
Das letzte eingerahmte Ergebnis wird als die kleine Formel zur Lösung quadratischer Gleichungen (oder kurz kleine Lösungsformel) bezeichnet.