Theorie:

In der klassischen Physik, wie auch im Alltag, sind wir gewohnt, von Raum (Orte, Positionen, Längen, Breiten, Flächen, Volumina) und Zeit (Zeitpunkte, Zeitdauern, Zeitintervalle) als zwei grundverschiedene Dinge zu sprechen. Wir leben in einem dreidimensionalen Raum, der sich in der Dimension der Zeit verändert.
 
Die Relativitätstheorie bietet einen neuen Blickwinkel auf diese Situation. Wie wir beispielsweise bei der Lorentztransformation gesehen haben, hängen Raum und Zeit voneinander ab. Auch bei der Zeitdilatation und der Lorentzkontraktion haben wir bereits festgestellt, dass diese beiden Phänomene (und damit auch die Länge und die Zeit selbst) eng miteinander verwoben und nicht getrennt voneinander zu verstehen sind.
 
Wir wollen diesen Zusammenhang nun einen Schritt weiter treiben.
Da in den Formeln der Relativitätstheorie allenthalben die Lichtgeschwindigkeit \(c\) als Konstante auftaucht, liegt es nahe, sie hier zuhilfe zu nehmen. Wir definieren uns so eine neue Zeitkoordinate als \(c\cdot t\).
Da die Lichtgeschwindigkeit \(c\) eine Konstante ist, ist \(c t\) direkt proportional der ursprünglichen Zeitkoordinate \(t\), jedoch hat sie nun die Dimension einer Länge! Wir könnten sie beispielsweise anstatt in Sekunden in Lichtsekunden, oder anstatt in Jahren in Lichtjahren messen.
 
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Das hat auch Konsequenzen für die Geschwindigkeitsmessung:
Die Geschwindigkeit ist definiert, als pro Zeiteinheit zurückgelegte Entfernung. Verändern wir also die Zeiteinheit, verändert sich auch der Geschwindigkeitsbegriff. Unsere neue Geschwindigkeit hat die Form
\(\frac{s}{c t} = \frac{v}{c}\).
Sie ist also direkt als Anteil der Lichtgeschwindigkeit gegeben. Mit dieser Einheit haben wir in den vergangenen Kapiteln bereits gerechnet, sie sind uns also nicht mehr ganz neu.
 
Wir sehen: Durch Umdefinieren der Zeitkoordinate erhalten wir ein neues Einheitensystem. Wir nennen diese Einheiten natürliche Einheiten.
 
In natürlichen Einheiten werden
  • Zeiten wie Längen behandelt
  • Geschwindigkeiten als Anteil der Lichtgeschwindigkeit (also mit Zahlen zwischen \(0\) und \(1\)) gemessen
Die Lichtgeschwindigkeit hat hier demnach den (dimensionslosen) Wert \(1\).
 
Da wir gewohnt sind, mit Metern, Sekunden, und Kilometern pro Stunde zu rechnen, mögen uns diese Einheiten nun zunächst nicht sehr natürlich erscheinen. Auf eine sehr grundsätzliche Art sind sie das aber: Sie leiten sich von Naturkonstanten (wie der Lichtgeschwindigkeit) ab und sind nicht (wie der Meter oder die Sekunde) "willkürliche" Erfindungen von Menschen.