Theorie:

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Theodor Fontane (1819 - 1898)
 
Leben
Theodor Fontane aus Neuruppin bei Berlin, stammt aus einer Hugenottenfamilie. Er war Apothekerlehrling, dann Journalist und lebte als Berichterstatter lange in England. Er beschloss sein Leben in Berlin, der Stadt, die die Atmosphäre seiner Romane bestimmt.
 
Fontane ist ein konservativer Liberaler, der Kritik an der Zeit übt. Er glaubt nicht an das Ideale, bekämpft die romantische Verklärung, gewinnt eine weitsichtige Weisheit voller Milde, Humor und Menschlichkeit. Er erkennt: kein Mensch ist fehlerfrei. Fontane zeichnet die Menschen mit allen Fehlern und Schwächen und erreicht dadurch eine beachtliche Lebenstreue.
 
Bedeutung
Das Werk von Fontane bildet den Höhepunkt des Deutschen Realismus. Darüber hinaus nimmt es folgende Bedeutung ein:

1) Einer der Bahnbrecher des modernen psychologischen Romans (Entwicklungslinie zu Thomas Mann). Fontane ist ein scharfer und sachlicher Beobachter und Schilderer der Liebe und Gesellschaft, er entwickelt die Konflikte aus dem Seelisch-Geistigen und legt auf die Darstellung des Innerlichen ebensolchen Wert wie auf die das Äußerliche. Der Dialog ist beseelt, lebendig und voll witziger Geistigkeit.

2) Mit Fontane beginnt der deutsche Gesellschaftsroman. Er zeigt die innere Auflösung der herrschenden Gesellschaftsschichten, deren alte Formen ohne Wahrheit sind und daher keinen verpflichtenden Sinn mehr haben.

3) Fontane bildet den Übergang vom poetischen Realismus zum Naturalismus durch sein kühles, sachliches Beobachten, seine breiten Umweltschilderungen und die psychologische Zeichnung der Charaktere, den natürlichen Redeton, Ablehnung des Idealismus, soziales Verständnis, soziale Kritik (gegen Oberflächlichkeit, Vorurteile, Klassenstolz, Reichtum, Versorgungsehen, Spießbürgertum usw.). Als vorurteilsloser Theaterkritiker erkannte er den jungen Naturalismus an.

4) Mit Fontane bekam der deutsche Roman wieder europäische Bedeutung.

5) Fontane ist Meister der Ballade.
 
Romane
"Effi Briest"
  
Ort: Hohen-Cremmen bei Rathenow, Kessin, Berlin, Pommern
Zeit: um 1880
Art: Eheroman
  
 
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Foto der Originalausgabe von 1896
 
Inhalt
  
Effie, die 17-jährige Tochter des Ritterschaftsrates von Briest auf Hohen-Cremmen bei Rathenow, muss auf Weisung ihres Vaters den 38-jährigen Landrat Baron von Innstetten in Kessin in Pommern heiraten, der ein vornehmer, strebsamer, ehrgeiziger Mann von strengen Grundsätzen ist, stets korrekt und soldatisch.

Er ist lieb und nachsichtig zu seiner jungen Frau, aber in seiner Zärtlichkeit liegt etwas Fremdes, vor dem sich Effi schon früh fürchtet. So erklärt es sich, dass sie ihren Mann mehr schätzt als liebt. Sie ist ein Stimmungsmensch, der sich gern treiben lässt, der Anregung sucht, sich an kleinen Aufmerksamkeiten und Huldigungen erfreut, die jedoch in ihrer Ehe fehlen.

Da führt man in den Gesellschaftskreisen von Kessin ein kleines Drama auf: "Ein Schritt vom Wege". Effi spielt die Hauptrolle und erlebt alsbald dieses Spiel im Leben: zwischen ihr und dem Major Crampas bahnen sich Beziehungen an, die zu einem Fehltritt Effis führen, was zunächst ein Geheimnis bleibt. Ihr Mann wurde indessen zum Ministerialrat befördert und Nach Berlin versetzt. Sie folgt ihm dorthin und fühlt sich frei von jeglicher Angst.

Sechs Jahre verfließen. Da entdeckt eines Tages durch Zufall ihr Mann ein Bündel Briefe des Majors an Effi. Obgleich niemand etwas von dem Geheimnis ahnt, stellt er seine Frau öffentlich bloß und entschließt sich, Crampas zu fordern. Der Major fällt im Duell. Baron von Innstetten kennt kein Verzeihen, er lässt sich scheiden, und das einzige Kind, die kleine Annie, wird ihm zugesprochen.

Effi wird aus dem Hause gewiesen. Das Elternhaus bleibt ihr verschlossen, und sie lebt als Malerin in Berlin. Nach Jahren erreicht sie durch die Gattin des Ministers ihres Mannes ein Wiedersehen mit ihrer Tochter, das sie tief enttäuscht: Annie ist ganz das Erziehungsgeschöpf ihres Vaters. Die seit langem schwer nervenkranke Effi wird endlich auf Bitten ihres Arztes von ihren Eltern aufgenommen, erlebt noch eine vorübergehende Besserung ihres Leidens und stirbt.
  
Problem: Liebe und Konventionsehe.
 
 
"Irrungen - Wirrungen"
 
Ort und Zeit: Berlin um 1880
Art: Sozialer Gesellschaftsroman
 
Inhalt
 
Die hübsche, heitere Lene ist die Pflegetochter der alten Frau Nimptsch in Berlin. Das natürliche und kluge Mädchen liebt Pflicht und Ordnung. Sie verdient sich als "Plättmamsell" (Büglerin) ihr Brot. Eines Tages lernt sie bei einer Bootsfahrt den jungen, stattlichen Leutnant Botho von Rienäcker kennen und alsbald lieben.

Er fühlt sich in Lenes Familienkreis sehr wohl, denn er hat "eine Gleichgültigkeit gegen den Salon und einen Widerwillen gegen alles Unwahre, Geschraubte, Zurechtgemachte ...". Sein Wunsch ist, mit Lene, deren inneren Wert er über alles schätzt, ein verschwiegenes Glück aufzubauen, für das er dereinst die stille Genehmigung der Gesellschaft erwartet.

Da geraten Bothos Eltern in finanzielle Schwierigkeiten, und sie zwingen ihren Sohn zur Verlobung mit der schönen und reichen Käthe von Sellenthin, mit der man kaum ein ernstes Wort reden kann. Der junge Offizier fügt sich schweren Herzens der harten Wirklichkeit. Lene findet sich tapfer mit dem Unabänderlichen ab. Botho heiratet und führt eine gute Ehe. Lene willigt schließlich in die Heirat mit einem älteren Mann, dem Fabrikmeister Gideon Franke, ein.
  
Problem: Standesunterschied.
 
 
"Der Stechlin" behandelt den Daseinswert der "alten Familien" und weist auf das Anbrechen einer neuen Zeit hin, die im Zeichen einer demokratischen Lebens- und Weltanschauung steht.

"Frau Jenny Treibel" zeichnet humorvoll das neureiche Berliner Bürgertum.
 
Balladen
Fontane gestaltete in Balladen historische Anekdoten. Er dichtete im Stile der altenglischen und schottischen Volksballade knappe, kräftige und stimmungssatte Balladen, die er nach dem Stoffe unterschied in:
 
a) Nordische, englisch-schottische Balladen
 
Zum Beispiel:
 
"Archibald Douglas"
 
Ich hab' es getragen sieben Jahr'
Und ich kann es nicht tragen mehr!
Wo immer die Welt am schönsten war,
Mir war sie öd und leer ...
usw.
 
"Gorm Grymme"
 
König Gorm herrscht über Dänemark,
Er herrscht die dreißig Jahr,
Sein Sinn ist fest, seine Hand ist stark,
Weiß worden ist nur sein Haar,
Weiß worden sind nur seine buschigen Brau'n,
Die machten manchen stumm,
In Grimme liebt er drein zu schau'n, -
Gorm Grymme heißt er drum ...
usw.
 
"Die Brück' am Tay": Handelt vom Einsturz der Firth-of-Tay-Brücke \(1879\), der \(75\) Menschen eines Zuges das Leben kostete.
 
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Bild der eingestürzten Tay-Brücke
 
"John Maynard"
 
b) Märkisch-preußische Balladen
 
Zum Beispiel: "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland"
 
Fontanes Werk bildet den Höhepunkt des deutschen Realismus. Er war ein konservativer Liberaler, der Kritik an der Zeit übt und gilt als Meister der Ballade; außerdem als Begründer des deutschen Gesellschaftsromans, des modernen psychologischen Romans und Wegbereiter des Naturalismus.
 
Wichtige Werke:
  • Romane: "Effi Briest", "Irrungen - Wirrungen"
  • diverse Balladen
 
Quellen:
Schenk, I. (2015): DEUTSCH. Lehrbrief 24, Dr. Roland GmbH, 2. Auflage, Wien
Mayer, Stephanie (2015): DEUTSCH. Literaturgeschichte 2, Dr. Roland GmbH, 8. Auflage, Wien 
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ATheodor_Fontane_1890_-_J_C_Schaarw%C3%A4chter.jpg (24.5.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ATheodor_Fontane_Effi_Briest.jpg (24.5.2016)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ATay_bridge_down.JPG (24.5.2016)