Theorie:

Bleiben wir bei dem Beispiel aus dem vorigen Abschnitt: \(\langle a_n\rangle= \langle 0,1,2,3,4,\ldots\rangle\). Wir haben dort bereits gesehen, dass die Folge monoton wachsend ist. Aber wie groß werden denn die Folgenglieder? Gibt es eine Obergrenze? Werden die Folgenglieder zum Beispiel jemals größer als \(1000\)? Die Antwort lautet: Ja! So ist das \(1001\)-te Folgenglied gleich \(1001\), also \(a_{1001}=1001\), was bereits größer als \(1000\) ist. Es ist wenig überraschend, dass man das mit jeder noch so großen Schranke wiederholen könnte, und immer würde man noch größere Folgenglieder finden. Die Folgenglieder werden also beliebig groß, man nennt die Folge unbeschränkt.
Man nennt eine Folge \(\langle a_n\rangle\) unbeschränkt, wenn der Betrag ihrer Folgenglieder, \(|a_n|\), beliebig groß wird. Das ist genau dann der Fall, wenn es zu jeder noch so großen Zahl \(N\) ein Folgenglied gibt, dessen Betrag noch größer ist:
 
Für jedes \(N\in \mathbb N\) gibt es ein \(n^*\in\mathbb N\), sodass \(|a_{n^*}|>N\). 
Dieses \(n^*\) hängt natürlich von \(N\) ab, im obigen Fall haben wir zu \(N=1000\) das \(n^*=1001\) gewählt. Für ein größeres \(N\) müssten wir auf jeden Fall ein anderes \(n^*\) wählen.
Wichtig!
Man muss für jedes \(N\) ein betragsmäßig noch größeres Folgenglied finden können. Es reicht nicht, nur ein \(N\) zu finden, für das das funktioniert.
Umgekehrt heißt eine Folge beschränkt, wenn  der Betrag ihrer Folgenglieder eben nicht beliebig groß wird:
Eine Folge \(\langle a_n\rangle\) ist beschränkt, wenn es eine Zahl ("Schranke") \(N>0\) gibt, sodass der Betrag aller Folgenglieder kleiner als \(N\) bleibt:
 
Für jedes \(n\in \mathbb N\) gilt:  \(|a_n|\le N\).
Beispiel:
Definieren wir die Folge \(\langle a_n\rangle\) durch \(a_n=\frac 1{n+1}\). Schreiben wir die ersten paar Folgenglieder auf:
 
\(\langle a_n\rangle = \langle 1, \frac 12, \frac 13, \frac 14, \ldots\rangle\).
 
Die Folge ist monoton fallend. Die Folgenglieder sind einerseits immer kleiner gleich 1:
 
\(a_n\le 1 \quad \Leftrightarrow\quad \frac 1{n+1}\le 1 \quad \Leftrightarrow\quad1\le n+1\quad \Leftrightarrow\quad 0\le n\).
 
Hier hat man die Behauptung "\(a_n\le 1\)" zu der äquivalenten Aussage "\(0\le n\)" umgeformt, was für \(n\in\mathbb N\) immer wahr ist. Also stimmt \(a_n\le 1\) für alle \(n\in\mathbb N\).
Noch offensichtlicher ist, dass alle Folgenglieder positiv sind: \(a_n>0\). Zusammenfassend kann man sagen, dass alle Folgenglieder zwischen \(0\) und \(1\) liegen. Man kann zum Beispiel als Schranke \(N=1\) wählen, und die Folge ist beschränkt.
Eine Folge \(\langle a_n\rangle\) heißt
  • nach oben beschränkt, wenn es eine Schranke \(N\in\mathbb R\) gibt, sodass alle Folgenglieder kleiner gleich der Schranke bleiben:
\(a_n\le N, \quad \text{für alle }n\in \mathbb N\). 
 
  • nach unten beschränkt, wenn es eine Schranke \(N\in\mathbb R\) gibt, sodass alle Folgenglieder größer gleich der Schranke bleiben:
\(a_n\ge N, \quad \text{für alle }n\in \mathbb N\). 
Eine Folge ist genau dann beschränkt, wenn sie nach oben und nach unten beschränkt ist.